Selbst-Erfahrung

Auf dieser Seite stehen Texte, die im Rahmen der Bonner Selbsterfahrungsgruppe „Identität und Lebenszyklus“ entstanden sind. Die ersten Texte sind Impulse zur Vorbereitung auf das jeweilige Wochenende. Es folgt ein Beitrag von Gernot Klemmer für das TZI-Info der Region Rheinland/Westfalen im Ruth-Cohn-Institut. Danach folgt eine Einführung und die aktuelle Ausschreibung. Gernot Klemmer hat diese Gruppe mit Kerstin Brandes gegründet und bis zum Jahr 2009 mit ihr gemeinsam geleitet. In 2009 hat Helmut Reichert die Nachfolge von Gernot Klemmer angetreten.

Unterbrechung des Gewohnten

Wir möchten die Reise durch unser Leben fortsetzen. Als Anregung für die Selbstreflexion zur Vorbereitung des Novemberwochenendes nehmen wir einen Text aus der Zisterzienser Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum in Bonn. Bernhard von Clairvaux schreibt an Papst Eugen III, einen ehemaligen Schüler: 

„Wo soll ich anfangen? Am besten bei Deinen zahlreichen Beschäftigungen, denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit Dir: Ich fürchte, dass Du, eingekeilt in Deine zahlreichen Beschäftigungen, keinen Ausweg mehr siehst und deshalb Deine Stirn verhärtest (…). Es ist viel klüger, Du entziehst Dich von Zeit zu Zeit Deinen Beschäftigungen, als dass sie Dich ziehen und Dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem Du nicht landen willst. Du fragst, an welchen Punkt? An den Punkt, wo das Herz hart wird. Frage nicht weiter, was damit gemeint sei; wenn Du jetzt nicht erschrickst, ist Dein Herz schon so weit.“

Nachdem wir uns zuletzt mit dem Sinn des Lebens befasst haben, nun die Frage: 

Wie willst du durch dein Leben gehen? Wie willst du es zubringen, dein Leben? 

Schon Bernhard hat auf die heutzutage viel gepriesene Unterbrechung des Gewohnten hingewiesen. Das bringt uns zu den Fragen: 

  • Wie fremd, wie vertraut und selbstverständlich ist dir das Unterbrechen des Gewohnten?
  • Ein Blick zurück: Wie hast du in der letzten Zeit zwischen Vollzeit und Auszeit balancierst?
  • Welche „Unterbrechungs-Tools“ hast und benutzt du?
  • Wenn du dich im Gestrüpp deiner Beschäftigungen verloren hast – Wie kommst du wieder zu dir selbst? 

Identität und Lebenszyklus: Impuls für November 2017

Erschütterung

Erschütterung können wir verstehen als eine spezielle Form der Unterbrechung, die uns ja im November beschäftigt hat. Zunächst haftet dem Begriff eine negative Bewertung an, z.B. Erdbeben, Erschrockenheit, Bestürzung, Grauen, Schreck usw. 

Wenn wir uns von der Anhaftung der negativen Bewertung befreien und den Begriff eher beschreibend auffassen, dann können wir darunter Ergriffenheit, Rührung, Verwirrung, Betroffenheit verstehen. Wir könnten uns eine neue Fähigkeit vorstellen, die Erschütterungsfähigkeit – wie die Unsicherheitsfähigkeit. Sie steht der landläufigen Unerschütterlichkeit gegenüber, der Fähigkeit Unsicherheit zu vermeiden oder zu überspielen. 

Also Erschütterungsfähigkeit als Resilienz, als die Kompetenz damit umzugehen, dass man aus der Bahn geworfen worden ist (oder werden könnte) und die Chance im Unglück wahrnehmen kann.

Impulse zur Selbsterforschung: 

Was verbindest du mit dem Begriff Erschütterung? 

Welche Bilder, Erlebnisse und Erinnerungen kommen dir in den Sinn?

Wann und wie ist sie dir widerfahren?

Wann und wie hast du sie bei einem anderen Menschen ausgelöst?

Zwischen Krankheit/Kränkung und Gesundung: was kam am Ende dabei raus?

Identität und Lebenszyklus: Impuls für Februar 2018 

Sterben lernen

Als einen wichtigen Sinn in der Gruppe „Identität und Lebenszyklus“ haben wir im Laufe der Jahre gefunden: Sterben lernen. Diese platte und direkte Formulierung mag vielleicht eine Erschütterung auslösen – eine Wirkung, die uns durchaus nicht unwillkommen ist. Wir setzen uns mit diesem Sinn bewusst von dem gesellschaftlichen Mainstream der Ausklammerung von Tod und Sterben ab und möchten ihn als korrigierende Ergänzung, als Alternative gegenüber stellen. 

Sterben als einen Teil, eine Phase des Lebens verstehen und damit die eigene Sterblichkeit annehmen lernen ist eine unserer Aufgaben in dieser Selbsterfahrungsgruppe. Wir versprechen uns davon, dass wir alle – Gruppenmitglieder und Leitende – mit dem Annehmen unserer Sterblichkeit gelassener leben lernen. Dass wir uns mit unserem bisherigen Leben leichter versöhnen können. Dass es uns leichter fällt unser Leben als erfülltes Leben zu bewerten. Es geht nicht darum, immer an den Tod zu denken; das birgt die Gefahr zu vergessen zu leben. Gemeint ist also: sterben lernen, um erfüllter leben zu können.

Abschließende Sätze aus der Gruppe: 

Mit dem Annehmen meiner Sterblichkeit die Hingabe an das Leben lernen. 

Am Leben satt werden und also leichter sterben können. 

Identität und Lebenszyklus: November 2018

Heimat und Identität: Erschütterung und Neubeginn 

Die Feiern, Analysen und Kommentare zur deutschen (Wieder)Vereinigung haben die Einheit und gleichzeitig die Unterschiede zwischen West und Ost thematisiert. Dabei kommt zunehmend in den Blick, dass die damaligen Bewohner der DDR beim Anschluss an die BRD nicht nur in Freudentaumel über die endlich erreichte Freiheit und Vereinigung gerieten, sondern auch eine Erschütterung erlebten. Bei aller Sehnsucht von großen Teilen der Bevölkerung nach dem Westen: Viele haben mit dem Verlust der gewohnten Lebensumstände den Boden unter den Füßen verloren. Was blieb da noch von ihrer Heimat und Identität? Was davon konnten sie bewahren und was wegwerfen? 

Auf diesem Hintergrund schlagen wir dir folgende Selbsterforschung vor: 

  • Stellt Heimat für dich einen wichtigen Wert dar oder verbindest du damit eher völkischen Missbrauch? 
  • Erlebst du Heimat als realen Raum, als Ort oder Gemeinschaft, wo du zu Hause bist? 
  • Ist Heimat für dich dort, wo deine Familie ist, deine Freunde, dein Verein, deine lieb gewordenen Gewohnheiten? 
  • Kennst du den Zustand heimatlos zu sein? 
  • Als du Heimatlosigkeit erlebt hast: Was kam danach? Wie ging das Leben weiter? 
  • Wie hängen für dich Heimat und Identität zusammen? 

Identität und Lebenszyklus: Impuls für das November-Wochenende 2019 

Gernot Klemmer, Veränderung

Einführung April 2017

aktuelle Ausschreibung: Identität und Lebenszyklus